Das war nichts für schwache Nerven. Der ASV Bonn hat das rheinische Derby gegen die Köln 99ers nach Verlängerung mit 65:60 (22:25, 52:52) gewonnen und damit zwei ganz wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt eingefahren.
Die Voraussetzungen für einen Erfolg im dritten Aufeinandertreffen der beiden Teams in dieser Saison waren dabei für den ASV Bonn alles andere als optimal. Thomas Becker und Marcel Gerber meldeten sich zu Wochenmitte krankheitsbedingt ab, der eigentliche Schock erreichte die Verantwortlichen des Aufsteigers jedoch am Donnerstagabend. Jitske Visser hatte in ihrer Heimat einen schweren Verkehrsunfall, den sie zum Glück nur mit leichten Verletzungen überstand. Ihr Auto sowie ihr Sportrollstuhl erlitten jedoch einen Totalschaden.
"Am Donnerstagabend rief mich Jörg an und erzählte mir, dass Jitske einen schweren Autounfall gehabt habe, glücklicherweise aber nur leicht verletzt sei. Wir waren alle geschockt, sind aber sehr froh, dass Jitske nicht mehr passiert ist. Sie hat Schmerzen im Nackenbereich, ist aber außer einem Schock ansonsten wohl unverletzt. Der materielle Schaden an ihrem Sportrollstuhl und ihrem Auto ist zwar ärgerlich, viel wichtiger ist es aber, dass Jitske den Unfall einigermaßen überstanden hat und es ihr den Umständen entsprechend gut geht. Wir stehen ihr selbstverständlich bei und helfen, wo wir können", sagte Helmut Beines, 2. Vorsitzender und Teammanager vor Spielbeginn.
Die Gäste aus der Domstadt kamen besser in die Partie und führten in der 3. Spielminute mit 6:2, ehe ASV-Center Oliver Hoffmann mit zwei erfolgreichen Würfen den Kölner Vorsprung egalisierte. Fortan entwickelte sich eine auf beiden Seiten mit höchstem Einsatz geführte Partie, in der sich bis zum Viertelende kein Team einen Vorsprung herausspielen konnte. Die beiden Verteidigungsreihen bestimmten das Geschehen auf dem Court, einfache Würfe waren Mangelware, um jeden Zentimeter wurde gefightet. Nach 10 Spielminuten führte Köln mit einem Punkt (13:12).
Im zweiten Viertel griff dann der Topscorer der 99ers, der japanische Nationalspieler Naohiro Murakami, das erste Mal ins Spielgeschehen ein und hielt zusammen mit Jordan Luce die Kölner Fahnen aufrecht. Waren im ersten Viertel erfolgreiche Korbaktionen bereits Mangelware, so setzte sich dieser Trend weiter fort. Defense lautete das Credo bei beiden Teams. Auf Bonner Seite zeigte sich in dieser Phase Sören Müller mit vier Punkten treffsicher und hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die Führung der Gäste zur Halbzeitpause nur drei Punkte betrug (22:25).
Nach der Pause folgte dann die bislang stärkste Phase des Aufsteigers aus Bonn. Hannfrieder Briel, Oliver Hoffmann und der Bronzemedaillengewinner Marcel Gerber führten den ASV Bonn zwischen der 21. und 30. Spielminute mit teilweise sehenswerten Spielzügen und gelungenen Korbaktionen, sowie einer von Gerber exzellent organisierten Defense zu 16 Punkten, während die Gäste mit sich selbst haderten und lediglich elf Punkte erzielen konnten. Mit zwei Punkten Vorsprung (38:36) begann das dramatische letzte Viertel dieses spannenden rheinischen Derbys.
Der wieder einmal starke Sören Müller erzielte die ersten Punkte dieses Viertels, Thomas Becker, der aufgrund seiner starken Erkältung nur kurz eingesetzt werden konnte, erhöhte zum 44:39 in der 34. Minute, wieder Müller netzte zum 46:39 ein, ehe sich Kölns Mareike Miller mit fünf Punkten in Folge gegen die drohende Niederlage des Tabellensiebten stemmte und die 99ers wieder bis auf zwei Punkte heranbrachte (44:46, 38. Minute). Naohiro Murakami brachte die Gäste 55 Sekunden vor Spielende mit einem Dreipunktespiel mit 52:50 in Front, ehe Oliver Hoffmann den ASV Bonn in die Verlängerung rettete.
In der Overtime konnte der Gastgeber dann die entscheidenden Akzente setzen. Sören Müller und Oliver Hoffmann drückten dem Spiel endgültig den Bonner Stempel auf. Insbesondere Hoffmann, der in der regulären Spielzeit einige unglückliche Aktionen hatte, zeigte sich nervenstark und erzielte acht seiner insgesamt 22 Punkte in den fünf Zusatzminuten. Müller assistierte mit fünf weiteren Zählern. Die Köln 99ers hatten dem unermüdlichen Bonner Einsatzwillen nun nicht mehr viel entgegenzusetzen und zeigten insbesondere an der Freiwurflinie Nerven, nicht einen der insgesamt fünf Freiwürfe konnten die Gäste in der Reuse versenken. Genau die fünf Punkte, die am Ende fehlen sollten.
"Ich bin sehr stolz auf das gesamte Team. Wir wollten das Duell gegen die Köln 99ers unbedingt gewinnen und haben uns in keiner Phase des Spiels hängen gelassen. Ohne Jitske haben uns heute einige taktische Optionen gefehlt, am wichtigsten ist aber für uns, dass es ihr einigermaßen gut geht und sie keine schweren Verletzungen erlitten hat. Alles andere ist zweitrangig", äußerte sich ASV-Chefcoach Jörg Hilger nach Spielende.
Für den ASV Bonn spielten und punkteten:
Marcel Gerber (8 Punkte), Miriam Palm (2), Oliver Hoffmann (22), Thomas Becker (6), Hannfrieder Briel (4), Sven Fischer (8), Joel Schaake (n.e.), Sören Müller (15), Inge Huitzing, Falk Osterhammel, Marc Hermanns (n.e.)
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